Der Förderverein Haus der Geschichte der Juden Badens e.V. hat mittlerweile sich sehr viele, tief gehende Gedanken über die Realisierung des geplanten Haus der jüdischen Geschichte und Kultur von Baden sowie über eine ehrende Präsentation der Synagogenfundamente gemacht. Diese Ideen und Gedanken sollen hier vermittelt werden.
Teil 1: Prolog
Das geplante Bruchsaler Leuchtturmprojekt, das Haus der jüdischen Geschichte und Kultur von Baden, sendet weltweit das Signal aus, dass es sich bei Bruchsal nicht um irgendeines der vielen Barockstädtchen oder eines der vielen Spargelstädtchen handelt, sondern um eine „kleine, feine Kommune“, so der neue Geschäftsführer der BTMV, die eben mehr kann als nur Spargel und Barock. „In Bruchsal wird sehr viel Gutes gemacht, doch es gibt noch einiges zu tun und einiges zu entwickeln, um die Stadt über die Grenzen hinaus bekannt zu machen“ so der neue Geschäftsführer weiter. Das Geschichtshaus ist ein exzellenter Schritt dahin, unsere Stadt national und international bekannt zu machen und diese einzubinden in den Reigen erstklassiger historischer Museen oder Lernorte, mit diesem weltweit einzigartigen Museum.
Dieses Geschichtshaus mit seiner einmaligen Erzählung kann Menschen auf der ganzen Welt erreichen, die etwas über die 1.200 Jahre dauernde Geschichte der Juden von Baden erfahren möchten. Baden war eines der wichtigsten Siedlungsgebiete von Menschen jüdischen Glaubens auf dem Gebiet des heutigen Deutschland. Diese waren eine alteingesessene Gruppe, die trotz oftmaliger Verfolgung und Vertreibung seit dem 9. Jahrhundert ununterbrochen hier lebte und unsere badische Heimat mit aufgebaut und gestaltet und mit für deren Wohlstand und Prosperität gesorgt hat.
Viele wichtige jüdische Persönlichkeiten kommen aus Baden oder haben badische Wurzeln. Hier sei nur erinnert an den Bankier Julius Bär aus Heidelsheim, die Gründer der Farbenfabrik Katzauer in Bruchsal, der deutsche Bauhistoriker, Architekt, Pionier der staatlichen Denkmalpflege und Bruchsaler Ehrenbürger, Prof. Dr. Fritz Hirsch, die Reichstagsabgeordneten Dr. Ludwig Marum (SPD) aus Bruchsal, Ludwig Haas (DFVP/DDP) aus Freiburg oder Ludwig Frank (SPD) aus Mannheim. Die Fußballnationalspieler und deutschen Meister Gottfried Fuchs(Karlsruhe) und Julius Hirsch (Achern/Karlsruhe). Die Maler Gustav Wolf aus Östringen und Leo Kahn aus Bruchsal, die Karlsruher Schriftstellerin Anna Ettlinger, der Architekt und Komponist Dr. Richard Fuchs, die Herausgeberfamilie der New York Times, Sulzberger, oder der Nobelpreisträger Richard Willstätter aus Karlsruhe.
Teil 2: Die Erinnerung an unsere badische Geschichte und Kultur ist aufrecht zu erhalten
Die Nachkommen der im Nationalsozialismus verfolgten badischen Juden leben nach der Vertreibung mittlerweile überall auf der ganzen Welt. Deren Eltern und Großeltern, die noch aus Baden kamen, leben meist nicht mehr. Die Generationen der Nachkommen dieser Zeitzeugen möchte aber mehr über ihre Vorfahren erfahren. Die jährlich in Bruchsal statt findenden Stolpersteinverlegungen zeigen deutlich das außerordentliche Interesse, das diese Menschen an der Heimat ihrer Ahnen haben. Gerade in den USA ist dieses Interesse sehr ausgeprägt. Ein Haus der jüdischen Geschichte und Kultur von Baden kann dieses äußerst große Potential erreichen und die Wissbegier der Nachfahren befriedigen.
Ganz wichtig: Dieses Geschichtshaus ist ausdrücklich kein Holocaustmahnmal. Im Mittelpunkt stehen 1.200 Jahre Geschichte und Kultur der badischen Juden, von den Anfängen bis zur heutigen Zeit. So kann den jüdischen Gästen unserer Stadt über alle Verwerfungen der Vergangenheit hinweg die Hand gereicht werden.
Nahezu mantrahaft wird vorgetragen, irgendwann müsse jetzt endlich mal Ruhe sein. Das badische Judentum solle doch endlich vergessen werden. Nein, es darf nicht irgendwann mal Ruhe sein. Die Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Baden ist Bestandteil unserer Geschichte, hat diese mit beeinflusst. James Baldwin schrieb einmal: „Geschichte ist nicht Vergangenheit, Geschichte ist Gegenwart. Wir tragen unsere Geschichte in uns, wir sind unsere Geschichte“. Und das ist richtig. Gerade heute, bei wieder aufkeimendem und sich manifestierendem Rassismus und Antisemitismus, einer Zeit, in der Synagogen und Flüchtlingsunterkünfte angegriffen werden, Menschen von Rechtsextremen und Rassisten mit dem Tode bedroht und auch getötet werden, sollte man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und sich als „nicht zuständig“ erklären. Auch als Stadtgesellschaft sind wir gefordert, beim derzeit um sich greifenden Fremden- und Judenhass Zeichen für die Weltoffenheit und Toleranz unserer Stadt zu setzen.
Teil 3: Warum in Bruchsal?
Die badischen Juden waren eine alt eingesessene Gruppe, die trotz Verfolgung und Vertreibung seit dem 9. Jahrhundert ununter-brochen hier wohnte. 1925 zählte die badische Statistik 24.064 Juden. Sie verteilten sich auf 123 Gemeinden. Die größten jüdischen Gemeinden Badens bestanden 1925 in Mannheim (6972 Jüdinnen und Juden), Karlsruhe (3386), Heidelberg (1412), Freiburg (1399) und Pforzheim (886). Im ausgehenden 19. Jahrhundert war die Synagogengemeinde im badischen Bruchsal mit über 740 Gemeindemitgliedern (5,5% der Gesamtbevölkerung) die größte im Landkreis Karlsruhe.
1925 lebten beispielsweise in Bruchsal 603 Jüdinnen und Juden, in Weingarten 72, in Baden-Baden 435, in Bretten 155, in Bühl 111, in Durlach 60, in Eppingen 71, in Ettlingen 62, in Flehingen 83, in Hemsbach 86, in Königsbach-Stein 162, in Ladenburg 90, in Malsch bei Heidelberg 52, in Malsch bei Karlsruhe 101, in Mosbach 159, in Odenheim 36, in Pforzheim 886, in Philippsburg 50, in Rastatt 197, in Schwetzingen 73, in Sinsheim 79, in Untergrombach 56, in Walldorf 67, in Weinheim 157, in Wiesloch 103. Allein diese nicht vollständige Aufzählung nennt weitere 3.403 Menschen jüdischen Glaubens, die 1925 im Einzugsbereich von Bruchsal lebten. Das heißt, dass etwa 2/3 aller Badener jüdischen Glaubens in Nordbaden, in der direkten Umgebung von Bruchsal, wohnten und arbeiteten.
Die Städte in Nordbaden mit dem sowohl absolut als auch prozentual höchsten Anteil von Jüdinnen und Juden waren Mannheim, Karlsruhe und Bruchsal. Welcher Standort für dieses Geschichtshaus wäre also besser geeignet als der geschichts-trächtige Boden der früheren Bruchsaler Synagoge mit seiner erstklassigen innerstädtischen Lage? Der Vorsitzende der Israelitischen Religionsgemeinschaft in Baden, Herr Rami Suliman, hat dies sehr gut erkannt, als er diesen Ort vorschlug.
Bruchsal ist exzellent an den überregionalen Verkehr angeschlossen und das Geschichtsmuseums vorzüglich zu erreichen. Am Bruchsaler Bahnhof, nur wenige Meter von Geschichtshaus entfernt, halten Schnellzüge, Regionalbahnen sind bis tief in die badische Region aber auch in die Pfalz vernetzt. Bruchsal hat einen eigenen Autobahnanschluss, zwei Bundesstraßen führen direkt in die Stadtmitte. Baden-Airpark und Frankfurt Airport sind unweit von Bruchsal.
Teil 4: Pluspunkte, Chancen für diese Stadt
Die letzten Jahre und Jahrzehnte gab es in Bruchsal eine lebendige Aufarbeitungskultur zur jüdischen Geschichte: Die Umbenennung des früheren Adolf-Hitler-Platzes in Otto-Oppenheimer-Platz, die Sicherung und Konservierung von Grabsteinen des jüdischen Verbandsfriedhofes bei Obergrombach, die regelmäßige Pflege beider Bruchsaler jüdischen Friedhöfe, die Platzierung von Gedenktafeln, z. B. für Dr. Ludwig Marum, die alljährliche Verlegung von Stolpersteinen, das Otto-Oppenheimer-Monument, die geplante Umnutzung des Taharahauses zu einem Gedenkort, das jährliche öffentliche Gedenken an die Deportation nach Gurs und an die Reichspogromnacht. Diese nicht so selbstverständliche Erinnerungskultur findet weltweit Interesse und Anerkennung.
In Bruchsal besteht nun die einmalige Chance, mit dem Synagogengelände, dem darauf befindlichen Alten Feuerwehrhaus und den noch existierenden Grundmauern der Synagoge, einem Geschichtshaus Authentizität zu verleihen. Ein gleichartiges Geschichtshaus können andere Orte in Baden oder Württemberg auch planen, diese tiefe Glaubwürdigkeit der Örtlichkeit hat aber nur Bruchsal. Das Geschichtshaus wird einzigartig sein und aufgrund seiner großen Strahlkraft Signalwirkung für eine breite Zielgruppe haben.
Das Haus der jüdischen Kultur und Geschichte von Baden hat großes touristisches Potential. Neue Besuchergruppen werden nicht nur das Geschichtshaus und den dabei liegenden Gedenkgarten besuchen, sondern darüber hinaus auch den Weg in die Innenstadt finden. Für Nachfahren deutscher Juden aus aller Welt, ganz allgemein Geschichtsinteressierte, Schulklassen und Studenten, z. B. der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg, Theologen aller Glaubensrichtungen, Studenten der Geschichte oder Theologie, Historiker, Firmen, um eigenen Veranstaltungen einen würdigen Rahmen zu geben, Besucher universitärer und wissenschaftlicher Symposien wird Bruchsal ein wichtiger Anlaufpunkt sein.
Es ist in der Umsetzung und beim späteren Betreiben des Geschichtshauses wichtig, das Stadtmarketing einzubeziehen, denn über Spargel und Schloss hinaus gibt es nun eine weltweit einmalige, spannende, weitere Erzählung in unserer Stadt: Das Haus der jüdischen Geschichte und Kultur von Baden, die historischen Synagogenfundamente, das Otto-Oppenheimer-Denkmal, die beiden jüdischen Friedhöfe, Stolpersteine, die jüdische Gedenkstätte im Taharahaus.
Teil 5: Unsere Stadt braucht Zukunft
Gerne wird darauf verwiesen, Bruchsal sei eine arme Stadt und hätte „für so was“ wie ein Geschichtshaus kein Geld. Ein weiterer Einwand ist, es müsse doch irgendwann mal Ruhe sein, man wolle jetzt, nach so vielen Jahren, nichts mehr über unsere früheren Hausnachbarn jüdischen Glaubens hören. Dürfen wir uns diese Argumentationen zu eigen machen?
Die Corona-Pandemie wird temporär bei den Gewerbesteuereinnahmen Lücken hinterlassen. Die Zuweisung von Einkommensteueranteilen könnte etwas geringer sein. Diese momentane Situation darf aber kein Argument sein, für unsere Stadt notwendige Maßnahmen zu unterlassen, denn Corona wird ebenso wie der florierende Internethandel das Mittelzentrum Bruchsal negativ verändern. Die Wiedereröffnung der Karlsruher Fußgängerzone wird ebenfalls beträchtlichen Einfluss auf die Bruchsaler Innenstadt haben - man geht wieder nach Karlsruhe zum Einkaufen.
Es ist zu befürchten, dass Corona-Pandemie und Internethandel den Ladenmix in der Bruchsaler Fußgängerzone noch weiter ausdünnen. Die Fußgängerzone hat in den letzten Jahre in ihrer Attraktivität schon sehr gelitten. Dauerhafter Leerstand in der Oberen Kaiserstraße und der Wörthstraße, beträchtlicher Leerstand in der Hoheneggerstraße. Mittlerweile prägen Friseure, Manikür- und Mobiltelefonläden, Wettbüros, Spielhallen, 1-Euro-Shops und Tätowierstudios die Innenstadt. Wie viele Läden werden noch, verursacht durch Lockdown und den prosperierenden Internethandel, aufgeben müssen? Wie viele Filialisten werden sich aus Bruchsal zurückziehen?
Jetzt muss Bruchsal die Weichen stellen für die nächsten 20 oder 30 Jahre. Und nicht erst anfangen zu diskutieren wenn's zu spät ist. Langfristiges Denken, Ideen und Visionen sind notwendig: Wie können Attraktivität und Aufenthaltsqualität der Innenstadt nachhaltig gesteigert werden? Auch für auswärtige Besucher muss die Stadt attraktiv sein und zum Verweilen einladen. Was liegt da näher als ein Haus der jüdischen Geschichte und Kultur von Baden und den Gedenkgarten in der Nähe des Stadtzentrums zu errichten? Ganz dicht bei der Fußgängerzone, wo man nach dem Museumsbesuch bummelt, einkauft und Kaffee trinken geht.
Teil 6: Im Widerstreit. Altes Feuerwehrhaus oder Neubau?
Im Rahmen des städtischen Ideenwettbewerbs zur Nachnutzung „Alte Feuerwehr / Synagoge Bruchsal“ wurde mehrfach der Erhalt des Alten Feuerwehrhauses angeregt, denn die Bausubstanz des Gebäudes ist einwandfrei. Ebenso verweisen viele der Entwürfe auf die Wichtigkeit der Bewahrung und Präsentation der Synagogenfundamente.
Auch die Bruchsaler Kommission für Stadtgeschichte sieht die Wichtigkeit des Erhaltes des Alten Feuerwehrhauses und schlägt als Kompromiss vor:
„Die Front des Feuerwehrhauses, das selbst wieder ein zeitgeschichtliches Dokument darstellt, soll dokumentiert und nach Möglichkeit in irgendeiner Form in neue Baulichkeiten integriert werden. Ein Abriss des Feuerwehrhauses soll auf jeden Fall erst dann erfolgen, wenn die Dokumentation abgeschlossen und eine Entscheidung über die Form der Integration in neue Baulichkeiten getroffen wurde.“
Eine Bewahrung, aller mindestens der Fassade, wäre richtig, wichtig und gut, ist doch das Alte Feuerwehrhaus mit der Geschichte der Zerstörung der Bruchsaler Synagoge 1938 von deutschlandweit elementarer Bedeutung und historischer Einzigartigkeit. Nach dem 2. Weltkrieg wurden zwar andernorts Synagogen umgebaut zu Feuerwehrhäusern, aber nur in Bruchsal wurde auf dem Gelände einer niedergebrannten Synagoge ein Feuerwehrhaus neu errichtet - dies lediglich nur 15 Jahre nachdem die Synagoge schmählich den Flammen überlassen wurde.
Die Vorschläge des Fördervereins wären sowohl im Alten Feuerwehrhaus, als auch in einem Neubau zu verwirklichen, wobei der Förderverein den Vorschlag des Landratsamtes unterstützen kann, an dieser Stelle eine Aula für die Handelslehranstalt einzurichten, die auch für andere Veranstaltungen zur Verfügung stehen könnte. Zusätzlich dazu das Haus der jüdischen Geschichte und Kultur von Baden sowie das bisher im fürstbischöflichen Schloss untergebrachte Städtische Museum – an einem neuen, innerstädtischen, attraktiven Ort. Nach diesem Vorschlag wäre auch ein Neubau dreigeschossig. Die Schulaula mit ca. 400 qm würde im Erdgeschoss verwirklicht werden, heute Fahrzeughalle, in den jeweils 300 qm großen Obergeschossen das Geschichtshaus und das Städtische Museum mit Schwerpunkt Stadtgeschichte von 976 bis heute. Gekrönt wird der Gebäudekomplex von einer Dachterrasse.
Umnutzung des Alten Feuerwehrhauses oder ein Neubau. Beides wäre möglich.
Das Alte Feuerwehrhaus ist dreigeschossig. Im Erdgeschoss befindet sich die Fahrzeughalle mit knapp 400 qm, darüber zwei weitere Geschosse mit jeweils ca. 300 qm. Hier die Ideen für Fahrzeughalle, 1. und 2. Obergeschoss.
Teil 7: Die Gestaltung – Abschnitt A
Die Fahrzeughalle
Der Entwurf des Landratsamtes (Wettbewerbsbeitrag TN 08, Seite 87 ff.) schlägt vor, für die Handelslehranstalt auf dem Synagogengelände eine Schulaula (Multifunktionsräume / Interkulturelles Zentrum) zu errichten. Geplant sind 430 qm. Dieser Vorschlag ist auch im Alten Feuerwehrhaus realisierbar. Zu beachten ist allerdings, dass das Alte Feuerwehrhaus teilweise die Synagogenfundamente überbaut, die lt. Entwurf in ihrer Gesamtheit zu erhalten und als „Bürgerpark Synagoge“ in die Gesamtanlage zu integrieren sind. Die Synagogenfundamente unterliegen wohl dem Denkmalschutz. Nach Meinung von Rabbinern sind sie als „heilig“ anzusehen. Hier wäre bei einem Erhalt des Alten Feuerwehrhauses noch eine architektonisch sinnvolle Lösung zu finden, um diese Grundmauern in die Schulaula zu integrieren (mittels eines Glasbodens?). Bei einem eventuellen Neubau mit integrierter Fassade würden die Synagogenfundamente nicht überbaut, da das Gebäude näher zur Straße hin verwirklicht würde.
Diese Multifunktionsräume bzw. das Interkulturelle Zentrum können natürlich auch als weiterer Veranstaltungsort in Bruchsal genutzt werden, insbesondere für Begegnungen junger Menschen aus dem In- und Ausland oder als attraktiver Ort für wissenschaftliche Kongresse und Vorträge. In diesem Zusammenhang wäre auch ein privat betriebenes Hostel auf der Gebäudezeile Steakhouse / dm anzudenken, neben beispielsweise Sozialwohnungen oder Wohnungen für ältere Menschen. Ins lokale Umfeld sollte auch bestehende oder neu zu errichtende Gastronomie einbezogen sein, die die individuelle Versorgung übernimmt, aber auch das Catering für Veranstaltungen durchführt.
Die Gestaltung der beiden Museen
Die heutigen interaktiven digitalen Möglichkeiten geben den beiden Museen ein hohes Potential an spannenden Darstellungen. In modernen Museen muss man längst nicht mehr nur ellenlange Texte anschauen und irgendwelche Fundstücke bestaunen. Dies könnte als Grundlage für das Bruchsaler Städtische Museum für eine Neuausrichtung bedeuten, da vor allem der zur Verfügung stehende Raum komprimierter und informativer genutzt werden kann bei wesentlich erhöhter Attraktivität, insbesondere für jüngere Menschen. Hier könnten auch themenbezogene Sonderveranstaltungen geplant und verwirklicht werden.
Teil 7: Die Gestaltung – Abschnitt B
Das 1. Obergeschoss
Ins 1. Obergeschoss des Alten Feuerwehrhauses oder eines Neubaus könnte das Städtische Museum aus der momentanen versteckten Randlage im Barockschloss in die Mitte unserer Stadt gebracht werden. Die derzeitige unattraktive Lage unterm Dach des Schlosses, erschlossen nur durch ein seitliches, abgelegenes Treppenhaus, würde bei einer Verlagerung in die Innenstadt durch einen wertvollen, attraktiven Standort ersetzt werden.
Die momentane Gesamtfläche des Städtischen Museums beträgt ca. 550 qm. Diese sind wie folgt genutzt: Urgeschichtliche Themen 147 qm, Frühgeschichtliche Ausgrabungen 90 qm, Mineraliensammlung 18 qm. Somit belegt das eigentliche Städtische Museum mit den stadthistorisch interessanten und relevanten Themen derzeit lediglich ca. 295 qm.
Hier wird vorgeschlagen, dass Urgeschichtliches, Frühgeschichtliches sowie die Mineraliensammlung - diese drei Themenbereiche haben nichts mit der eigentlichen Stadtgeschichte. Die älteste noch heute nachweisbare Ansiedlung ist erst im Jahre 640 bei der heutigen Peterskirche entstanden. Der Ort wurde erstmals erwähnt als „Bruohsella“ in einer kaiserlichen Urkunde von 976. Im Schloss könnten die nicht stadtgeschichtlich relevanten Ausstellungsteile könnten im Schloss verbleiben und beispielsweise von „Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg“ mit verwaltet werden. Diese vorgeschichtlichen Themen könnten hier problemlos außerhalb der Stadtgeschichte abgehandelt werden.
Teil 7: Die Gestaltung – Abschnitt C
Das 2. Obergeschoss
Das 2. Obergeschoss des Alten Feuerwehrhauses wiederum bietet Platz für das „Haus der jüdischen Geschichte und Kultur von Baden“. Auf 300 qm Fläche kann dieses badische (!) Museum sinnvoll die jüdische Geschichte dieser Region präsentieren. Hier der Vorschlag von Dr. Uri-Robert Kaufmann, Leiter der Alten Synagoge zu Essen zur thematischen Einrichtung des Geschichtshauses:
Herr Uri Kaufmann regt weiterhin an, der Geschichte der jüdischen Bevölkerung von Bruchsal in diesem Geschichtshaus einen angemessenen Rahmen zu geben, womit wiederum die Verbindung zum Städtischen Museum hergestellt wäre.
Teil 8: Die Verzahnung
Wäre es tatsächlich möglich, das Städtische Museum an diesen Standort zu verlegen, ergäben sich zusätzlich positive Spareffekte. Beispielsweise könnten beide Museen weitestgehend mit dem bereits vorhandenen Personal betrieben werden; die Mietkosten für die angemieteten Räume im Schloss würden entfallen.
Die Verlagerung des Städtischen Museums in das Feuerwehrhaus birgt noch mehr Vorteile. Der Thementeil „Judentum in Bruchsal“ kann im Geschichtshaus präsentiert werden und die beiden Museen / Lernorte könnten über die Bruchsaler jüdischen Mitbürger „verknüpft“ werden. Deren Wichtigkeit für eine Stadtgesellschaft könnte beispielhaft dargestellt werden (Ludwig Marum, die Familie Schrag, die regionalen Firmengründungen wie der Tuchhandel Oppenheimer oder die Malzfabriken und Tabakhandlungen, der Ehrenbürger und Stadtplaner Dr. Fritz Hirsch).
Durch die Fokusierung des Städtischen Museums auf die eigentliche Stadtgeschichte können weitere wichtige städtische Themen prominent in interaktiven Erlebniswelten mit weniger Platzbedarf vorgestellt werden. Dadurch kann im Städtischen Museum eine größere Ausstellungsfläche für andere wichtige Bruchsaler Themen zur Verfügung stehen. Bruchsal ist beispielsweise „die Gefängnismetropole“ in Baden. Dies könnte durch prominent gestaltete Hereinnahme der Themen Psycha, Weiberstrafanstalt, aber auch Richtstätte unter der Überschrift „Strafvollzug in Baden“ geschehen. Zudem wurden in Bruchsal und im Umkreis über die Jahrhunderte immer wieder die Weichen in Richtung unserer heutigen Demokratie gestellt: Bauernkrieg, Revolution 1848/49, Soldaten- und Arbeiterrat 1919, aber auch Kislau, Ludwig Marum und Guillotine. Dies unter der Überschrift: „ Widerstand, Revolution und Freiheit für Baden und Bruchsal – auf dem Weg zur Demokratie“.
Sollten zwei attraktive Museen, davon eines mit einem badischen Thema, direkt in die Innenstadt verlagert werden, bringt dies Gäste und Touristen in die Mitte unserer Stadt.
Teil 9: Der Gedenkgarten
Der vom Architekten des Landratsamtes und auch einigen Nachfahren der früheren Bruchsalerinnen und Bruchsaler vorgeschlagene Gedenkgarten wertet die Synagogengrundmauern bedeutend auf. Dies wäre eine weitere Attraktion, die das innerstädtische Bild und die Außenwirkung unserer Stadt entscheidend positiv verändert.
Teil 10: Die Finanzierung
Es handelt sich um ein badisches bzw. baden-württembergisches Projekt, wie der Namensbestandteil „von Baden“ in der Bezeichnung „Haus der jüdischen Geschichte und Kultur von Baden“ schon verrät. Daher steht bei der Finanzierung dieses einmaligen Vorhabens zunächst die Landesregierung im Fokus.
Sollte der politische Wille bestehen, sich auf den Weg in eine prosperierende Zukunft unserer Stadt und zu einem offenen Umgang mit unserer badischen Historie zu begeben, könnten neben der Akquise entsprechender Mittel bei der Landesregierung durch die Stadt Bruchsal auch bei Sponsoren, Stiftern und Spendern entsprechende finanzielle Unterstützung eingeworben werden. Eine Kooperation mit dem Landratsamt bzw. Landkreis Karlsruhe sollte angestrebt werden. Dadurch könnte sich sowohl für den Landkreis als auch für die Stadt eine Win-win-Situation ergeben, die zum Nutzen beider Seiten wäre.
Es gibt in der näheren Umgebung von Bruchsal und in ganz Baden Stiftungen, die Bildungs- und Forschungseinrichtungen fördern, auch solche mit geschichtlichem Hintergrund. Eine Stiftung in Ludwigshafen setzt sich beispielsweise ausdrücklich dafür ein, den Antisemitismus zu bekämpfen und Minderheiten zu schützen. Dieses Engagement stärkt unsere Demokratie. Gerade weil das Geschichtshaus kein Holocaustmahnmal sein wird, wird es für Sponsoren mit einem solchen Background interessant sich zu engagieren.
Grundlage zur Einwerbung von Sponsorengeldern und Landesmitteln sollte ein Gesamtkonzept sein, das die wesentliche Elemente des Um- bzw. Neubaues beinhaltet, ebenso die Planungen für das Interkulturelle Zentrum sowie die Museen. Der Förderverein wird sich an der Akquisition von Spendern und Sponsoren nach positiver Verabschiedung des Projektes aktiv beteiligen.
Darüber hinaus wird sich der Förderverein für die Verbreitung der Idee eines Hauses der jüdischen Geschichte und Kultur von Baden über Bruchsal hinaus einsetzen. Der Förderverein hat mittlerweile einen Freundeskreis etabliert, dem unter anderen Nachfahren, Verwandte und Freunde früherer Bruchsalerinnen und Bruchsaler angehören, deren Eltern, Großeltern, mittlerweile auch Urgroßeltern, zu Zeiten des Nationalsozialismus ihre Heimatstadt verlassen mussten. Mit ihrer Mitgliedschaft im Freundeskreis wollen sie ihre Freundschaft zu unserer Stadt und unserem Land zeigen sowie ihr Interesse an der Idee eines badischen Geschichtshauses bekunden. Aus den Reihen der Nachfahren früherer Bruchsalerinnen und Bruchsaler jüdischen Glaubens gibt es bereits heute schon Zusagen, bei Realisierung des Projektes dieses finanziell zu unterstützen.
S./2021/02/08