Ideen und Überlegungen zur Einrichtung
Im Mittelpunkt der Einrichtung des Geschichtshauses stehen Ausstellungsräume, in denen insbesondere die wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Beiträge jüdischer Mitbürger zu unserer badischen Landesgeschichte gewürdigt werden. Außerdem können beispielsweise Antworten gegeben werden zu Fragen wie: Wie lebten Juden und Christen friedvoll nebeneinander? Ausdrücklich soll das Haus der Geschichte der Juden Badens keine Erinnerungsstätte an die Shoah (Holocaust) sein.
Heutzutage wird ein Museum nicht mehr nur als Ausstellungsort verstanden. Das Haus der Geschichte der Juden Badens soll in seiner programmatischen Ausrichtung als offenes Haus der Begegnung, des Erlebens, des Lernens und des Forschens insbesondere in die badische Region, aber auch darüber hinaus ausstrahlen.
Die Nähe zu mehreren Forschungseinrichtungen eröffnet die Möglichkeit wissenschaftlicher und didaktischer Zusammenarbeit, sei es durch Tagungen, Schulungen, Workshops, Konferenzen und dergleichen:
Karlsruhe: Karlsruher Institut für Technologie, KIT
Heidelberg: Hochschule für Jüdische Studien
Frankfurt: Goethe-Universität und Fritz Bauer Institut
Freiburg: Albert-Ludwigs-Universität
Hierfür werden im Haus der Geschichte der Juden Badens Räume eingerichtet, die bei Bedarf auch von der gegenüberliegenden Handelslehranstalt genutzt oder auch von Vereinen angemietet werden können.
Ein wichtiger Aspekt für dieses Haus ist dessen Funktion als Begegnungsstätte für junge Menschen. Diese können einer alternden Stadt nicht nur ein jüngeres Gesicht geben. Junge Menschen sollen sich hier treffen können, unabhängig von Religion, Herkunft, Sprache oder Hautfarbe.
Abgerundet wird das Angebot des Hauses der Geschichte der Juden Badens durch ein Schmöker-Café im Erdgeschoss (vielleicht mit koscheren Backwaren?) oder gar einer Dachterrasse mit Bewirtung. Dieser Dachgarten wird sicher nicht nur den Besuchern des Hauses der Geschichte der Juden Badens einen phänomenalen Blick über die Dachlandschaft von Bruchsal bis hin zu den Pfälzer Bergen bieten.
Bruchsal ist verkehrstechnisch exzellent gelegen
Die Stadt hat einen eigenen Autobahnanschluss an die A5, die Bundesstraße B3 führt direkt in die Stadtmitte, von der B 35 aus ist die Innenstadt in kürzester Zeit zu erreichen.
Am Bruchsaler Bahnhof halten sowohl ICE- als auch IC-Züge, über diesen Bahnhof sind Regionalbahnen bis tief in die badische Region aber auch in die Pfalz verbunden.
Bruchsal ist ausgezeichnet mit internationalen Flughäfen vernetzt:
Die Finanzierung
Vor der Realisierung eines solchen Vorzeigeprojektes ist natürlich die Finanzierung zu klären.
Erfahrungen mit anderen, ähnlichen Projekten liegen vor. Danach ist eine Projektförderung mit erheblichen Mitteln durch das Land möglich, das Museen als Bewahrer unseres kulturellen Erbes, als außerschulische Lernorte, Orte der Kommunikation sowie interkulturelle Begegnungsstätten beschreibt und fördert. Dabei erfordern die demographischen und gesellschaftlichen Veränderungen eine Erweiterung und Spezialisierung des Angebots. Das Haus der Geschichte der Juden Badens genügt auf ideale Weise diesem Anspruch.
Die laufenden Betriebskosten der Einrichtung werden durch die Aktivitäten des Fördervereins zumindest teilweise gedeckt. Hierfür dürften mit großer Sicherheit auch Landesmittel zur Verfügung stehen.
Für das Kuratorium (Beirat) dieses Fördervereins werden hochrangige Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur motiviert, die die Einmaligkeit des Hauses der Geschichte auch nach außen tragen und für dieses Bruchsaler Aushängeschild werben können.
Sonderausstellung zu Bruchsaler Juden?
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts waren die Bruchsaler Juden von großer wirtschaftlicher Bedeutung für die Stadt. So war der Tabak- und Hopfengroßhandel fast ausschließlich in ihrer Hand, wichtige Industriebetriebe wurden von jüdischen Unternehmern gegründet. Die für den wirtschaftlichen Aufschwung von Bruchsal so wichtigen Mälzereien oder die innovativen Herdfabriken dürfen nicht vergessen werden, ebenso wenig der Tuchgroßhandel von Otto Oppenheimer. In dieser Stadt ist der badische Landtags- und Reichstagsabgeordnete Dr. Ludwig Marum aufgewachsen. Der Bruchsaler Ehrenbürger Prof. Dr. Fritz Hirsch leitete die Renovierung von Schloss und Peterskirche. Der Kunstmaler Leo Kahn, malte zusammen mit nichtjüdischen Bruchsalern die Synagoge aus. Das heute noch legendäre Bruchsaler Kaufhaus Knopf ('s Knopfe-Eck) war eine von über 30 Niederlassungen in Baden, der Schweiz und im Elsass der badischen Kaufhauskette Geschwister Kopf.
Viele Bruchsaler Juden verließen ihre Heimatstadt im Laufe der Zeit zum Teil freiwillig, zu Zeiten des Nationalsozialismus unfreiwillig. Auch an deren Erfolge im Ausland könnte im Haus der Geschichte der Juden Badens gedacht werden. Mitglieder der Familie Sulzberger waren und sind Herausgeber und Verleger der New York Times, das Bankhaus Julius Bär trägt noch heute den Namen seines Gründers aus Heidelsheim, die große Carlebach-Familie, die viele Rabbiner hervorbrachte, stammt ebenfalls aus Heidelsheim. Erinnert sei hier auch an den Tabak- und Zigarrenhandel der Familie Meerapfel aus Untergrombach. In bereits 5. Generation wird der Handel betrieben, mittlerweile von Brüssel aus. Die in Buenos Aires geborene Filmregisseurin, Drehbuchautorin und Film-Dozentin Jeanine Meerapfel ist Präsidentin der Berliner Akademie der Künste.
Hier nicht vergessen werden darf die Familie Schrag mit ihren Wurzeln in Obergrombach und Untergrombach. Dieser Familie entstammen viele befähigte Kaufleute oder Rechtsanwälte aber auch begabte Komponisten und Schriftsteller.
Dr. Ludwig Marum
Ludwig Marum wuchs in Bruchsal auf, besuchte das Humanistische Gymnasium, feierte in der Bruchsaler Synagoge seine Bar Mizwa, machte hier Abitur und arbeitete am Bruchsaler Amtsgericht. Schon in jungen Jahren war er Mitglied der Bruchsaler SPD, war Abgeordneter im Badischen Landtag, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion und später Reichstagsabgeordneter in Berlin. 1933 wurde er von den Nationalsozialisten in einer Schaufahrt von Karlsruhe über die Bruchsaler Schönbornstraße in das Konzentrationslager Kislau transportiert und dort 1934 ermordet. Ludwig Marum setzte sich für die Abschaffung der Todesstrafe ein, plädierte für eine Reform des § 218 (Abtreibungsparagraph) und forderte die Verbesserung der Rechtsstellung unehelicher Kinder sowie die Beendigung der Diskriminierung unverheirateter Mütter. Ebenso sprach er sich für gleichen Lohn für Mann und Frau aus.